14.11.2021

 

Gedanken zum Volkstrauertag

Am vergangenen Sonntag haben wir den Volkstrauertag in einer Gedenkstunde begangen. Ein besonderer Tag, der an die schrecklichen Ereignisse der beiden Weltkriege mit den vielen Toten und Vermissten erinnern soll.

 

Für viele von uns, die wir keinen oder nur noch geringen Bezug zu dieser Thematik haben, ist dieser Tag vielleicht ein Sonntag wie jeder andere auch. Die Erinnerungen an die beiden Weltkriege mit all dem Leid, Terror, Hass, Zerstörung, der Verschleppung und Ermordungen vieler tausender unschuldiger Menschen verblasst. Einige können nicht mehr erklären, warum überhaupt ein Kranz am Mahnmal auf dem Friedhof niedergelegt wird.

 

Doch dann sehen wir die Bilder von Auslandseinsätzen unserer Bundeswehr. Dabei sterben Soldatinnen und Soldaten im Einsatz oder kommen körperlich und psychisch belastet wieder nach Hause. Ebenso sehen wir Menschen auf der Flucht, die sich auf einen weiten und beschwerlichen Weg machen, um aus den Kriegen in ihrer Heimat zu fliehen. Sie geben hierfür sogar ihre Wurzeln auf und setzen ihr Leben aufs Spiel, um in einem freien Land nochmals neu anfangen und ein besseres und vor allem sicheres Leben führen zu können.

 

Dann kommen die Auswirkungen von Krieg und Terror doch wieder sehr nahe und betreffen uns direkt.

 

Daneben beneiden uns sehr viele Menschen in der Welt um unseren demokratischen Rechtsstaat, mit all seinen Freiheiten und Grundrechten. Wir sehen ihn als gegeben und selbstverständlich an, doch der Erhalt dieser Rechte ist kein Selbstläufer. Er bedarf immer wieder vollen Einsatz gegen Strömungen, egal ob von ganz links oder ganz rechts. Vielleicht kann uns dabei die Widerstandskämpferin Sophie Scholl, die in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag begangen hätte, helfen und Zuspruch geben. Sie versuchte mit viele Mut und der Unterstützung ihrer Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ das Terrorregime zu beenden und auf Missstände hinzuweisen und bezahlte dies mit ihrem Leben.

 

Wenn wir uns immer wieder neu ermahnen, dass wir uns jeden Tag neu aktiv für unsere demokratischen und rechtstaatlichen Grundsätze einsetzen müssen, dann ist der Volkstrauertag nicht ein altertümliches, verstaubtes Relikt aus vergangenen Tagen, sondern dann ist er brandaktuell und wir sind mittendrin. Dann sind Menschen wie Sophie Scholl nicht umsonst gestorben, sondern zeigen uns auch heute, dass man für seine Meinung und seine Wertevorstellung einstehen muss. Insbesondere dann, wenn die Ideologie der Führung falsch ist.

 

Dieser Tag steht für Gedenken und Innehalten, für Empathie und Mahnung, für Verständigung und Versöhnung. Er ist auch eine Brücke in die gemeinsame friedliche Zukunft Europas. Deshalb ist es klug, auch zukünftig unter diesen Gedanken den Volkstrauertag als besonderen Tag zu begehen.

 

 

Jochen Becker

Ortsbürgermeister